Bern (energate) - Der vor Kurzem gegründete Verein der H2-Produzenten will die Herstellung von grünem Wasserstoff in der Schweiz fördern. Es brauche in erster Linie wirtschaftlich funktionierende Anlagen, um die Akzeptanz zu stärken, sagt Vereinspräsident Arthur Janssen im Gespräch mit energate.
energate: Herr Janssen, in der Mitteilung zur Gründung kündigte der Verein der H2-Produzenten eine enge Zusammenarbeit mit Universitäten und Forschungsinstituten an. Welche konkreten Partnerschaften bestehen oder sind geplant?
Janssen: Namentlich können wir leider noch keine Projekte mit Forschungsinstitutionen nennen. Wir hoffen, dies in den nächsten Monaten machen zu können. Wir haben in den letzten Monaten mit verschiedenen Universitäten und Forschungsinstitutionen über die Produktion von CO2-neutralem Wasserstoff gesprochen. Beispielsweise konkretisieren wir derzeit die Zusammenarbeit mit dem Paul-Scherrer-Institut, das für uns eine wertvolle technische und systemische Sicht einbringt. Der Verein positioniert sich jeweils als praxisorientierter Partner. Weitere Gespräche werden folgen. Dabei ist uns wichtig, zusammen mit kompetenten Partnern eine klimafreundliche Zukunft zu gestalten.
energate: Wie schätzen Sie den Wissensstand in der Schweiz ein?
Janssen: Das Thema Wasserstoff ist bei den Universitäten, Hochschulen und Forschungsinstitutionen gut positioniert. Zudem sind hier auch die Branchen- und Fachverbände zu erwähnen, die immer mehr Aspekte der Wasserstoffwirtschaft abdecken. Der Bedarf ist insgesamt hoch. Dies fängt bei der Frage der technischen Standards an und erstreckt sich bis zur Frage der genauen Rolle von Wasserstoff in der Schweiz.
energate: Mit welchen Projekten wollen die Mitglieder die Produktion von Wasserstoff in der Schweiz fördern?
Janssen: Hier geht es ums Umsetzen. Derzeit sind zahlreiche Projekte unterwegs, wenn auch in sehr unterschiedlichen Phasen der Planung und Ausführung. Viele Projekte laufen aktuell bei Energieversorgern auf lokaler Ebene. Viele möchten in Wasserstoff einsteigen - die technischen und wirtschaftlichen Herausforderungen bei dieser neuen Technologie sind aber komplex. Wir unterstützen hier konkret mit Erfahrungsaustausch und Vernetzung.
energate: Ist die Herstellung von grünem Wasserstoff nur mittels Elektrolyse vorstellbar oder gibt es alternative Herstellungsprozesse?
Janssen: Technologisch bestehen auch weitere Verfahren zur Herstellung von CO2-neutralem Wasserstoff. Beispielsweise wird "blauer Wasserstoff" auf Basis von Erdgas hergestellt und das dabei entstandene CO2 anschliessend abgefangen und langfristig gespeichert. Ob dies für die Schweiz im Rahmen der Energiewende sinnvoll ist, gilt es noch herauszufinden. Momentan fokussieren wir uns jedoch auf "grünen" Wasserstoff aus erneuerbarem Strom. Neben Wasser und Wind als Quellen könnten zukünftig auch grosse Solaranlagen und Kehrichtverbrennungsanlagen interessant sein. Power-to-X betrifft ein sehr breites Spektrum an zum Teil sehr neuen Technologien. Entsprechend sind die Rahmenbedingungen erst noch am Entstehen und es gibt auf vielen Ebenen noch Klärungsbedarf.
energate: Mit dem Förderverein H2-Mobilität gibt es bereits einen Verband mit ähnlicher Ausrichtung. Inwiefern unterscheiden sich die beiden?
Janssen: Wir sehen eine Lücke bei Bedarf und Potenzial für die Herstellung von grünem Wasserstoff. Uns geht es um Produktionstechnik, um die Wahl der Produktionsstandorte, um die Beschaffung von grünem Strom und damit verwandte Themen. Tankstellennetze und schwere Mobilität stehen bei uns dagegen nicht im Fokus.
energate: Gibt es ein mengenmässiges Produktionsziel?
Janssen: Wir haben kein "hartes" Produktionsziel. Als Orientierung kann dennoch das Zielszenario des Bundes in den Energieperspektiven 2050+ herangezogen werden. Hier wird von einer Wasserstoffmenge mit einem Energieinhalt von 7 PJ pro Jahr gesprochen. Dies entspricht etwa 60 Mio. kg Wasserstoff oder einer Produktionsleistung von 500 MW. Derzeit werden die meisten Anlagen in der Schweiz zunächst mit einer Leistung von 2 bis 5 MW geplant. Somit ist klar: Bis 2050 müssen wir noch grosse Schritte machen.
energate: Was wird entscheidend sein, um dieses Ziel zu erreichen?
Janssen: Wir müssen verschiedene Aspekte zusammenbringen. Neben den genannten Erfahrungen und Rahmenbedingungen ist auch die Standardisierung bzw. die Normierung für die breite und günstige Anwendung wichtig. Essenziell ist aber schlussendlich, eine breite Nachfrage für Wasserstoff zu schaffen. Dafür braucht es Akzeptanz in der Industrie und in der Bevölkerung. Diese schaffen wir mit guten Anwendungsbeispielen - mit Anlagen, die wirtschaftlich und sicher klimafreundlichen Wasserstoff produzieren. Breit abgestützte Anreize und Förderprogramme können dies massgeblich beschleunigen.
Die Fragen stellte Yves Ballinari, energate-Redaktion Olten.
Comments